Freitag, 23. September 2011

„Becoming famous…“


„Can I take a picture of you?“ – War vermutlich mit einer der am häufigsten gehörten Fragen auf den Ausflügen der letzten Monate. Am Anfang ist man darüber noch etwas verblüfft, nach mehreren Fotos wird einem unwohl, irgendwann muss man die Höflichkeit über Bord werfen und die Anfrage verneinen. Sicherlich sind andersfarbige Menschen in diesem Land verhältnismäßig selten, aber trotzdem kann ich mir den Wahn der Inder nach Bildern von weißen Europäern und Amerikaner nicht erklären. 

Schlimmer ist es sogar noch, wenn man mit einer Frau unterwegs ist. Da wird man als Mann auch gerne mal aus dem Bild geschoben. Sehr viele Bilder werden auch mit Fotohandys heimlich, vornehmlich von Jugendlichen, gemacht. Für zahlreiche Familienalben hält man ja noch her, aber diese Sitte geht dann doch zu weit.

Im Familienalbum einer indischen Großfamilie.

 Gestern hatte ich dagegen eine andere skurrile Begegnung, die sich um Werbefotos drehte. So wurden wir vor einer Filiale einer bekannten Sandwichkette angesprochen, ob wir nicht Lust hätten, Werbebilder für Amazon.com zu machen. Mit einem weißen T-Shirt, einer blauen Jeans und einer Amazon.com – Pappkiste auf dem Arm bräuchten wir nur in die Kamera zu lächeln. Zwar machten die Werber, ein Mann und eine Frau, einen seriösen Eindruck, doch nach zahlreichen Widersprüchen im Verlauf des Gesprächs war mir das Ganze nicht geheuer. Letztendlich bat ich aus Höflichkeit um Bedenkzeit und lies mir die Handynummer geben. Ich habe auch schon von anderen gehört, die alles dafür geben würden, um eine Statistenrolle in einem Bollywoodfilm zu ergattern. Sollte ich einmal diesbezüglich gefragt werden, bräuchte ich aber zusätzlich einen Tanzcrashkurs, um meine tänzerischen Fähigkeiten aufzubessern...

Nächste Woche Freitag, exakt nach der Klausurenphase, habe ich einen „weiteren Pressetermin“. So werden drei Nachwuchsjournalisten über die Studienmöglichkeiten von Deutschen in Indien recherchieren (http://www.go-out.de/de/18127/ und http://www.go-out.de/de/18405/).



Zum Abschluss, noch ein Bericht vom „Team Osteuropa“, der mir sehr gefallen hat:

Wir werden schreiben, wie du lebst!

Eine Ansichtskarte von M.O. Rühle

Wir gehen da jetzt raus. 14 Tage um die Welt. Wenn du nicht dort bist, kommst du ja vielleicht nach. Wir hätten Spaß zusammen. Glaub mir, ich weiß wovon ich schwärme. So ein ganz neues Leben anlegen, wie ein frisch gebügeltes Hemd. Wenn man Kopf und Kragen riskiert – reicht schon, wenn du zwei Knöpfe öffnest und den Aufenthaltsort einatmest. Dass du nichts riskierst, sondern wagst, dafür ist bereits gesorgt. Für deinen Kopf und deine Gefühle haben wir auch ganz andere Ideen.

 Ich möchte alles anders machen als hier und zum Beispiel ein rotes Basecap tragen und einen Stoffbeutel aus Jute über der leichten Schulter, mit Geschichten drinnen. Du kannst hineingreifen, sie entdecken, aus der Alufolie ausrollen, du kannst sie riechen, du kannst sie drehen und hineinbeißen. Wir wechseln unsere Worte für die Fremdsprache in dir, versetzen deine Heimat und Herkunft hierher, dorthin, wo wir uns austauschen, über Studium und Leben. Wir gehen da jetzt raus. Wir reisen für dich. In 14 Tagen um die Welt. Von deinem Zimmer aus nach Prag oder in eine Seitenstraße Warschaus oder auf deinen neuen Lieblingsplatz in einer Stadt wie Budapest, die sich dir anpasst und deine Reize weckt, vielleicht bist du ja schon unterwegs dorthin. Vielleicht bist du ja schon da. Wir werden schreiben, wie du lebst.

Samstag, 17. September 2011

Projekt

Neben den ganzen Reisebildern, auch mal wieder Bilder vom College, quasi als Beweisfoto. Ich war heute am Samstag freiwillig sechs Stunden da, um an meinem Projekt zu arbeiten.

Ist-Zustand des derzeitigen Prüfstands für mechanische Reibung und Abnutzung
 Als kleines Zwischenergebnis ein vereinfachtes 3D-Modell des Prüfstands:
vereinfachtes 3D-Modell des Prüfstands

 Letztendlich dreht sich die schwarze Scheibe durch einen Elektromotor. An dem Kragarm (der längliche, schwarze Balken) befindet sich in einer entsprechenden Aufnahme das Probenmaterial. So soll die Reibung zwischen der Scheibe und der Probe untersucht werden. Über Kraftsensoren kann der Reibungskoeffizient bei verschiedenen Belastungen und Geschwindigkeiten bestimmt werden. Über einfaches Wiegen erhält man die mechanische Abnutzung.

 Das Gewicht des Kragarms und der Probe kann durch Gewichte auf der linken Seite ausgeglichen werden, sodass die eigentlich Belastung über einen Ansatz an der rechten Seite aufgebracht wird.

Der entsprechende Halter samt Messumformer und Sensoren (DMS - Dehnungsmessstreifen) muss dazu noch konstruiert und gefertigt werden. Die Idee des Kraftmessungsprinzip und somit der Gestalt des Messumformers (transducer)  stammt von Kraftmessungen an Schneidemaschinen wie Dreh- oder Fräsmaschinen. Eine Art Metallring wird durch die Reibungskräfte verformt. Diese Verformung wird mit Dehnungsmesstreifen und einer elektrischen Schaltung in eine zur Kraft äquivalenten Spannung umgeformt.

Bilder Pune-Mumbai

Nun noch die letzten Bilder der zurückliegenden Rundreise.

Dienstag, 13. September 2011

Montag, 12. September 2011

„Mal wieder ein Lebenszeichen“


Nach nun über zwei Wochen Blogpause folgt nun endlich wieder ein Lebenszeichen von mir aus Indien. Die Ereignisse in den letzten Wochen sind zahlreich und haben sich förmlich überschlagen.

Vorweg, ja ich studiere hier noch und bin nicht nur am Reisen. So habe ich mal wieder kleinere Tests für 10 Notenpunkte geschrieben und mit der Recherche für die Projektarbeit über Kraftsensoren begonnen. In einem Test, der in dem ich das 400 Seiten Skript gelesen habe, war ich überraschender Weise mit 8 von 10 Punkten Klassenbester. Das 400 Seiten Skript hatte daran aber meiner Meinung nicht so viel Anteil, eher ein glückliches Händchen im Ankreuzen. In weiteren zwei Wochen sind dann auch schon die „Mid Semester“ Examen. Überraschenderweise hat mit etwas Verspätung nun auch endlich unser Englischkurs begonnen. Der Kurs baut auf einer kanadischen Lernsoftware, die bisher zahlreiche Tiergeschichten behandelt, an deren Ende meist alle tot sind. Die Qualität, soweit man die nach drei Unterrichtsstunden bewerten kann, ist aber okay. Schade finde ich allerdings, dass hier amerikanisches und nicht britisches Englisch unterrichtet wird.

Nun zum Reisen in der einen Woche, wo mehr Feiertage als Vorlesungen waren. Zunächst galt es ja meinen Besuch aus Deutschland in Mumbai abzuholen. Dazu bin ich mit dem Zug von Pune nach Mumbai aufgebrochen. Die Zugfahrt war für sich mal wieder ein kleines Erlebnis. Die dritte Klasse mit Klimaanlage („3 AC“) ist vom Komfort absolut akzeptabel und vor allem die zahlreichen Reisebekanntschaften ließen die fast vier Stunden Fahrt für 150 km schnell vergehen. Randbemerkung: In den Zugtoiletten kann man die Gleise sehen und die Türen können während der Fahrt geöffnet währen, was einen wunderbaren Blick auf die Berge und zahlreichen Wasserfälle zur Monsunzeit zulässt. 

Im Zug von Pune nach Mumbai.

In den zurückliegenden zwei Monaten habe ich mich schon lange gefragt, ob ich noch „richtigen“ Monsunregen sehen werde. Die Antwort kam in Mumbai: „Ja!“ Und zwar in der heftigsten Form in der man sich Regen vorstellen kann. Auf dem Weg vom Zug zum Taxistand floss das Wasser über die Treppenstufen in Strömen. Pfützen waren an einigen Stellen mindestens Knöchelhoch und trotz Regenschirmen war mein Gepäck in Nanosekunden durchweicht. Diesen Umstand nutzte der Taxifahrer für den Transport zum Hotel natürlich gnadenlos aus, sodass trotz zahlreicher Versuche er sich auf keinen günstigeren Preis einlassen wollte. Aussteigen wollte ich aber auch nur ungern, sodass ich zähneknirschend dem dreifachen des üblichen Preis zustimmte.

Blick aus dem Taxi auf die "Wasserstraßen" von Mumbai

Der Besuch aus Deutschland verspätete sich dann allerdings um 15 Stunden, da der Verbindungsflug von Hannover nach Frankfurt nach offiziellen Aussagen auf Grund von schlechten Witterungsverhältnissen erst verspätetet vom sonnigen Hannover abfliegen konnte. Dies hatte wiederum zu Folge, dass die Maschine bei strahlendem Sonnenschein genau zu dem Moment in Frankfurt landete in dem die andere Maschine von Frankfurt nach Mumbai abhob. Man kann sich vorstellen wie viele Nerven diese Aktion nicht nur dem Besuch gekostet haben. Für diese Konstellation ist der deutschen Lufthansa ein Armutszeugnis auszustellen.

Ein kleiner Auszug der Begrüßungsszene am Flughafen in Mumbai:

Sie: „Endlich bin ich nach 30 Stunden da!“
Er nimmt sie voller Freude in den Arm.
Sie: „Schatz, rieche ich eigentlich?“
Er schnuppert und erwidert charmant: „Schatz, du stinkst!“

Das im Zug geplante Sightseeing-Programm in Mumbai musste durch den verlorenen Tag auf ein Minimum reduziert werden, was sich aber ungefähr zwei Wochen später als nicht wirklich schlimm heraus stellte. Mumbai wird nun mal einfach nicht meine Traumstadt.


Schlürfen einer Kokusnuss am Juhu Beach in Mumbai

 Am Folgetag ging es dann auf die Bewältigung der geplanten Route von 7000 km. Zwar war die Air India Express Maschine nach Trivandrum auch eine Stunde zu spät, aber dies Mal galt es ja nicht irgendwelche Anschlüsse zu bekommen. Schon beim Landeanflug waren wir von den zahlreichen Palmenwäldern beeindruckt.


Blick aus dem Flugzeug auf die "backwaters" im Staat Kerala (sprich "Kerla")
"unser" Gepäck am Flughafen in Trivandrum
Das Hotel mit eigenem Strand in Kovalam (sprich "Kovlam") gefiel uns auf Anhieb und die folgenden drei Tage wurden zu einem entspannten Urlaub, bei dem sogar das Wetter trotz der Regenzeit mit einigen Sonnenstunden mitspielte. 

Blick vom Hotel auf den Strand

 Highlights waren die berühmten „backwaters“ in Kerala, die man sich grob als Spreewald mit Palmen, Adlern und Eisvögeln vorstellen kann. Letztendlich sind wir viel mit dem Taxi gefahren, was zwar nicht ganz günstig war, aber wie der Zufall es so wollte, hatten wir einen Fahrer der netteren Art erwischt. So haben wir einige nette Plätze entdeckt, die nicht im Reiseführer erwähnt waren. 

Im Boot auf den "backwaters": Leela Backwaters

Eine weitere Attraktion war ein Nationalpark mit Löwen und Elefanten. Die Löwen waren allerdings auf einer Jurassic-Park-ähnlichen Insel eingezäunt und wurden als eine Art Show vom vergitterten Bus so lange provoziert, bis sie bellende Laute von sich gaben. Die zahlreichen Inder fanden das Schauspiel toll. Ich wusste dann auch, warum sie vorher diesmal unbedingt darauf bestanden, dass die Bustüren richtig verschlossen werden.

Die Löweninsel, die mich sehr an Jurassic Park erinnert

Löwen am Wegesrand
Elefantentour: Raufklettern
Elefantentour: Schmusen
  
Am Donnerstag ging es dann mit dem Flugzeug zurück nach Pune, wobei wir einen kleinen Zwischenstopp in Chennai einlegten. Alle Anschlüsse waren pünktlich auf die Minute und sogar unser Gepäck wurde erfolgreich durchgeschleust. Lediglich mit dem Sicherheitspersonal hatten wir eine merkwürdige Beziehung an diesem Tag. 

Zunächst mussten wir in Trivandrum unseren Koffer und die darin befindliche Kosmetiktasche öffnen. Bei den Inlandsflügen wird hier nämlich das Gepäck unweit des Check-In Schalters an einer kleinen Röntgenmaschine mit zwei Transportbändern links und rechts durchleuchtet und anschließend mit Kabelbändern verplombt. Da Inder von den Britten leider nicht gelernt haben in einer Schlange zu stehen, war dieses Vorgehen manchmal recht abstrus. So hievten die einen Ihre Koffer auf die linke und andere auf die rechte Seite des Transportbands. Das Transportband war zum Glück relativ breit, sodass Kollisionen ausblieben. In dem nicht einsehbaren Röntgenbereich wurde dann auch nicht, wie ich zunächst vermutete, der Inhalt der Koffer ausgetauscht. Die Beamten hatten aber letztendlich an unseren Schönheitsprodukten nichts auszusetzen, sodass die Koffer mit auf die Reise kamen. 

In Chennai angekommen hatten wir durch die ungewohnte Pünktlichkeit extrem viel Zeit bis zum Anschlussflug. So überlegten wir, ob wir in ein Restaurant außerhalb des Flughafengeländes gehen oder sogar bis zum Bahnhof laufen, um noch etwas von der Stadt zu sehen. Wir entschieden uns aber zunächst die Abflughalle und das Gate des weiteren Flugs anzugucken. Was leider die falsche Entscheidung war. Der Sicherheitsbeamte wollte uns nämlich daraufhin nicht mehr raus lassen. Auf eine Diskussion, dass Indien doch ein demokratisches und freies Land sei, habe ich aber verzichtet. In der Zeit wo ich hier bin, gab es bereits zwei Bombenanschläge, sodass ich letztendlich doch mehr und mehr Verständnis für die zahlreichen Sicherheitskontrollen, sogar vor dem Supermarkt, bekomme. Ineffizient sind sie meiner Meinung nach trotzdem.

Der zweite Teil der Reise nach Delhi und Agra sollte nicht weniger spannend werden, aber dazu mehr im nächsten Bericht…